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Das Sehen spielt eine entscheidende Rolle bei der Frage danach, ob wir eine Person als weiß oder schwarz, weiblich oder männlich wahrnehmen. In seinem Buch *Schwarze Haut, Weiße Masken* (frz. Erstausgabe 1952) analysiert der französische Psychiater und antikoloniale Theoretiker Frantz Fanon die Folgen dieser Verknüpfung von Sichtbarkeit und „Rasse“ mit dem Begriff „Epidermisierung“. In *Unsichtbarkeit: Stationen einer Theorie der Intersubjektivität* (2003) hingegen untersucht der Philosoph Axel Honneth die Strategie, soziale Überlegenheit dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass durch bestimmte Personen hindurchgeschaut wird – ganz so als seien sie unsichtbar. Darüber hinaus gibt es Kategorien, die nicht als sichtbare Markierungen in Körper eingeschrieben sind. So wird beispielsweise die politische Strategie des Coming-out in der Lesben- und Schwulenbewegung gerade deshalb propagiert, weil dadurch eine vorher unsichtbare Differenz sichtbar gemacht wird. Unsichtbarkeit begünstigt in diesem Fall Diskriminierung. So beschreibt der Soziologe Didier Eribon Scham oder Unbeholfenheit als körperliche Auswirkungen homonegativer Beleidigung vor dem Coming-out.
In unserem Seminar werden wir diese unterschiedlichen Bedeutungen und Zusammenhänge von Sichtbarkeit, Differenz, Diskriminierung und Anerkennung diskutieren. Dabei setzen wir uns auch kritisch mit dem gesellschaftlichen Primat des Sehens, dem Okularzentrismus, auseinander. Die theoretischen Ansätze werden wir auf Positionen aus Literatur, Kunst und Fotografie beziehen, z.B. anhand der Arbeiten von Adrian Piper, Ralph Ellison, James Baldwin oder Jeff Wall. |